Kritik und Yoga

swami s1Swami Sivananda hat einmal gesagt: „Bear insult, bear injury, highest Yoga. Trage Kränkungen, Schmähungen –  oder heute würde man sagen – Kritik gut, das ist ein hoher Yoga.“ Oder ich kannte mal einen Schüler von Swami Sivananda, der hat gesagt: „Sei dankbar für jeden scheinbaren Gegner. Der zeigt dir all deine Schwächen auf. Und dann brauchst du nämlich keinen persönlichen Guru. Die Aufgabe des persönlichen Gurus ist, dir all deine Schwächen zu zeigen. Wenn du keinen persönlichen Guru an deiner Seite hast, dann ist es gut, wenn du Menschen hast, die sich als Gegner von dir empfinden, die werden probieren, jede deiner Schwächen herauszufinden und draufzudrücken.“ Ich persönlich mag den Ausdruck „Gegner“ eigentlich nicht. Ich mag jetzt nicht durch die Welt gehen und denken, irgendjemand ist ein Gegner. Ich mag es eher, davon auszugehen, dass jeder Mensch es gut meint, jeder von seiner Warte hat irgendwo gute Anliegen. Manche Menschen denken vielleicht, dass ihr Anliegen wichtig ist und ich denke, mein Anliegen ist noch wichtiger, aber das ändert jetzt nichts daran, dass der andere jetzt nicht mein Gegner ist, sondern er hat nur andere Prioritäten gesetzt. Aber auch, wenn der andere es so sieht, er setzt andere Prioritäten, hat andere Ansichten, was jetzt das Richtige und das Gute ist und deshalb kritisiert er mich, ungerechtfertigt noch dazu, oder noch schlimmer, jemand hört, dass jemand anderes erzählt hat usw. So werden wir im Umgang mit anderen Menschen an Themen gestoßen, oft mit Partner noch ganz besonders, mit Kindern vielleicht noch mehr, mit Eltern auch, und so können wir daran arbeiten, transformieren und dann können wir es auch transzendieren und uns selbst erfahren als unendliche, ewige Seele, verbunden mit allen Wesen. Oder wenn man es so will, vom Jnana Yoga würden wir sagen, eins mit allen Wesen. Und das ist manchmal dann sogar leicht, fast leichter als das andere, aber es ist dummerweise nicht möglich, ohne dass wir das andere auch schon gemacht haben. Ein bisschen Harmonie mit uns selbst und mit anderen, ein bisschen an unseren Fähigkeiten gearbeitet haben, im Umgang mit uns selbst, im Umgang mit anderen, ein bisschen an uns gearbeitet und durch Transformationsprozesse durchgegangen, nicht nur angenehme, und dann all das transzendieren und spüren: „Ja, ich bin eins mit dem Unendlichen, in mir ist dieser göttliche Funke, der ist auch mit jedem anderen da, der ist hinter der ganzen Welt. Das ist erfahrbar, das ist spürbar, daraus kann ich dann leben.“ Und wenn man das etwas erfahren hat, dann mag dieses Gefühl wieder weggehen, man kann sich daran erinnern. Wer es intensiver erfahren hat, kann das die Grundlage sein, aus dem heraus man alles andere macht. Aus einer tatsächlichen Erfahrung von Verbundenheit können wir dann all das tun, was das Karma und damit unser Schicksal, damit das, was uns geschickt worden ist, mit uns vorhat.

Hari Om Tat Sat

ENDE

Dies ist die letzte Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines Workshops von Sukadev Bretz in der Yoga Vidya Yogaschule Augsburg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke schaue nach im Yoga Wiki. Hier ein paar weitere Links:

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Fähigkeit zur Empathie

sukadev13Vielleicht ein bisschen mehr über den anderen zu lernen. Der Mensch hat die schöne Fähigkeit zur Empathie. Je besser ihr einen Menschen kennt, umso mehr mögt ihr ihn typischerweise. In den meisten Fällen funktioniert das. Fast immer mag man die Hauptperson eines Romans, eines Kinofilms und eines Fernsehfilms, sogar dann, wenn man findet, dass der ethisch absolut Dinge tut, die man niemals gutheißen würde. So wie man die Welt aus den Augen des Helden sieht, mag man ihn. Hier ist ja auch die Stadt von Berthold Brecht. Der hat ja versucht, das anders zu machen. Er hat alles Mögliche versucht, dieses Hineinversetzen in die Hauptperson, gerade das wollte er nicht haben. Er hat alle möglichen Mittel eingeführt. Und was macht man, wenn man in „Mutter Courage“ geht? Anstatt diese Kriegsgewinnerin irgendwo zu verurteilen und zu sagen, „so soll es nicht sein“, was macht man? Man hat Mitgefühl mit der Frau und man versteht sie und hofft, dass ihr nichts Schlimmes passiert. Und eigentlich ist das eine schöne menschliche Eigenschaft, eben diese Empathie, und das ist auch eine Möglichkeit, ein bisschen harmonischer zu sein, in dem man einfach mehr über den erfährt. Gut, dann aber auch Fähigkeiten entwickeln, im Sinne von – zum einen kann man sagen: „Ja, im Umgang mit diesem Menschen, welche Fähigkeit kann ich in mir entwickeln?“ Zum anderen kann man da auch sagen: „Ich habe gute Fähigkeiten und Talente und ich habe hohe Ideale, ich habe vielleicht sogar eine Berufung, und dazu übernehme ich jetzt Verantwortung, dazu muss ich auch lernen, Menschen für etwas zu begeistern, anzuleiten. Ich muss auch mal bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, auch einen Posten zu übernehmen, auch wenn ich ja Yogi bin und daher eher bescheiden bin. Und das heißt auch, dass ich mal mich in die Nesseln setzen muss, auch angegriffen werde, und muss das auch aushalten.“ Verantwortung zu übernehmen, heißt auch, Kopf hinhalten und auch mal Kritik einstecken. Und wenn man es noch als Kritik empfinden kann, ist immerhin noch gut. Manchmal geschieht etwas mehr. Das ist ja durch aus in einer Demokratie – man sagt, in einer Diktatur hat das Volk Angst vor dem Diktator, in einer Demokratie haben die oben Angst vor denen da unten. Ihr könnt sicher sein, alle Chefpolitiker haben dort irgendwo Angst vor dem nächsten… Gut, das gehört auch irgendwo dazu. Diese Fähigkeit kann man auch entwickeln im Umgang mit anderen Menschen. Es heißt zwar, der Klügere gibt nach, wenn aber immer die Klügeren nachgeben, dann regieren die Dummen die Welt. Und wer das nicht gut findet, der soll mal überlegen, ob er mal nicht nachgibt. Was jetzt auch nicht heißt, dass es jetzt jedermanns Sache ist, große Verantwortung zu übernehmen, sonst hätten wir ja nur noch Kämpfe. Aber es braucht auch solche, die Verantwortung übernehmen, und es gibt natürlich auch andere Fähigkeiten, die man in sich entwickeln kann, als nur die, die ich jetzt genannt habe. Das ist bei jedem Menschen auch wieder anders. Auch hier kann man wieder an sich selbst arbeiten und es kommt Transformation. Man wird gerade über den Umgang mit anderen Menschen in seine Themen gestoßen und manchmal reicht es nicht aus, nur Ministerkonferenzen einzuberufen und die eigenen Minister mit den anderen zu sprechen und Hypothesen zu machen und den anderen zu sprechen, manchmal braucht es dazu auch eine Transformation und das ist oft auch über den Umgang mit Kritik.

– Fortsetzung folgt –

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Höflichkeit und lächeln

3fIn mancherlei Hinsicht muss man auch lernen, sich zu beherrschen. Und nicht immer reicht es, nur die Minister miteinander sprechen zu lassen und einem sagen, „du musst dich entwickeln“, manchmal muss man auch sagen, „ja, da ist was“ und manchmal ist das auch nicht so einfach. Und manchmal wird man auch konfrontiert mit etwas, was nicht so einfach aus der Welt zu schaffen ist. Auch dazu gilt es, bereit zu sein, und dann nicht zu denken, „Yoga ist schlecht“, sondern auch da kommt man durch. Ich habe jetzt gerade die letzten Wochenenden immer wieder Schweigewochenenden gehabt. Es ist ja jetzt gerade die Zeit der Schweigewochenenden in den Ashrams und da haben wir ja auch in Bad Meinberg mehrere Zweijahresgruppen und im Westerwald und an der Nordsee, und für manche ist es einfach nur schön von Anfang bis Ende, die kommen in ein Bliss-Gefühl hinein und es ist einfach nur schön, wenn die dort sitzen und meditieren. Dann schaut man die an und dann wird auch meditiert. Und dann gibt es andere, die würde man am liebsten in den Arm nehmen und irgendwo sagen: „Ich würde dir das ja gerne ersparen, wodurch du jetzt gerade durchgehst. Und ich schicke dir alle Liebe, die ich kann, und wenn du irgendwie die Augen aufmachst, ich werde lächeln, was auch immer das Zeug hergibt. Alle Liebe, die ich habe, will ich… Aber du musst da leider durchgehen. Ich kann es dir auch nicht ersparen, der Swami Vishnu hat es mir auch nicht erspart. Und bitte denke nicht, dass, wenn du da durch etwas durchgehst, dass dann das Yoga falsch ist und dass du es aufgibst. Wenn du da durchgegangen bist, dann fällt es nachher leicht, zur Transzendenz zu kommen.“ Aber auch hier gilt wieder, es gibt manche Menschen, die machen den Schritt drei vor dem Schritt eins, und macht viel zu viel Arbeit dort. Man bekämpft seinen Ärger, man bekämpft seine Ungeduld, man bekämpft sein Helfersyndrom und man bekämpft alles Mögliche. Das Bekämpfen ist sowieso der falsche Ausdruck, an sich arbeiten, ist sicher ein besserer Ausdruck. Und dieses an sich Arbeiten und systematisch an sich arbeiten und durch Transformation hindurchgehen, sollte man auf die Dinge beschränken, für die es nötig ist. Neunzig-, Fünfundneunzigprozent unserer inneren Konflikte können wir einfacher loswerden und viel mehr im Umgang mit anderen Menschen kann man noch bewirken, indem man sagt: „Ja, da gilt es, an mir zu arbeiten.“ Ganz kurz, auch im Umgang mit anderen Menschen kann man das. Harmonischer leben kann auch heißen, wir erkennen an, dass auch der andere ein liebenswerter Mensch ist, dass er ein Königreich ist mit lauter tollen Ministern oder alle möglichen Anteile in sich hat, die alle wohlmeinend sind und die ab und zu mal etwas außer Kontrolle geraten und die vielleicht nicht so geschickt sind. Einen Menschen lieben heißt, ihn als Ganzes zu lieben. Es heißt nicht, dass man jetzt jede Handlung eines Menschen gut findet. Aber man liebt jeden Teil davon und kann auch sagen: „Ja, ich liebe dich in allen deinen Teilen oder ich nehme dich an in allen deinen Teilen.“ Kollegen oder Chefs usw. Und man erkennt, man kann auch im anderen sehen, da ist gerade sein Justizminister aktiv, da ist gerade sein Minister für Gemütlichkeit aktiv, da ist gerade eine Überfürsorge aktiv, da ist gerade der Verteidigungsminister überflüssigerweise aktiv, der will sich verteidigen, ohne dass es notwendig ist. Aber es ist ja irgendwo auch anzuerkennen, dass er so etwas hat und dass es da ist. Und dann kann man sagen: „Ah, und sein Verteidigungsminister spricht gerade mit meinem Justizminister und die vertragen sich nicht. Wen können wir da noch einschalten, damit die sich besser vertragen?“ Das könnt ihr tatsächlich  mal ausprobieren,  ob euch das hilft. Es gibt auch andere Möglichkeiten, irgendwo harmonisch einfach erst mal zu schauen, im Sinne von Höflichkeit und lächeln und vieles andere und jemanden anzuerkennen, für das, was er ist. Das ist auch schon einiges, was hilft. Erst mal eine Verbindung herzustellen. Man muss nicht gleich jedem Menschen versuchen, ihm zu zeigen, auf seine Punkte zu stoßen. Es gibt ja Menschen, die haben diesen großen Wunsch. Es ist deren Mission, jedem bei der ersten Begegnung an seine Themen zu stoßen. Und sie wundern sich dann, dass der andere das gar nicht annimmt. Es gibt auch solche, die können das sehr gut und manchen es auf eine Weise, dass es Menschen annehmen können. Es gibt solche Chefs, es gibt solche Professoren und Lehrer, es gibt solche Eltern. Das gibt es, aber wenn man nicht die natürliche Begabung hat, ist oft erst mal gut, zu versuchen, harmonisch zu leben, den anderen zu verstehen, freundlich zu sein, ihm Komplimente zu machen und das Liebenswerte zu finden, dann auch in dem anderen Hypothesen anstellen, welche Ministeranteile gerade aktiv sind und dann ist ein bisschen mehr Verstehen.

– Fortsetzung folgt –

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Herausforderungen und Fähigkeiten

asana5Als ich Student war und auch Schüler habe ich immer gedacht, ich bin mehr Geisteswissenschaftler, irgendwo Naturwissenschaften interessieren mich nicht so. Ich habe irgendwann mal probiert – das ist jetzt ein paar und dreißig Jahre her – eine Informatik AG. Da musste man noch Lochkarten haben oder ankreuzen. Das fand ich grässlich. Da habe ich gesagt, ich beschäftige mich nicht mit Computern, solange man irgendwelche Dinge ankreuzen muss. Und dann irgendwann hat der Swami Vishnu, da wurde ich dann versetzt nach Los Angeles, habe ein Zentrum dort leiten sollen. Und da gab es nur einen Computer. Es gab keine Adresskartei als Kartei, wie ich das vorher kannte. Es gab keine Broschüre als irgendwie eine Vorlage. Das war alles in diesem komischen Kasten dort drin. Irgendwo hat mich das furchtbar gewurmt. Ich habe einen langen Brief geschrieben, warum ich finde, dass in einem Yogazentrum ein Computer nichts zu suchen hat. Und der Swami Vishnudevananda, der Lehrer, bei dem ich gelernt hatte, der hat dann nur kurz zurückgeschrieben: „Learn to love it! Lerne, ihn zu lieben!“ Gut, und dann habe ich irgendwo entdeckt, tatsächlich, ich habe irgendwelche Computerfähigkeiten gehabt. Irgendwie konnte ich mit den Dingern dann umgehen. Und dann wurde ich derjenige, der dann von Zentrum zu Zentrum geschickt wurde, um Computer zu etablieren und wurde dann während zwei Jahren der Hauptsupportperson für Computer. Das war noch die Zeit, wo die meisten Fragen beantwortbar waren: „Hast du beim Staubsaugen den Stecker herausgezogen? Und steckt der Monitor auch? Und hast du die Floppy-Disc reingelegt?“ Da waren noch zwei Floppy-Disc-Laufwerke. Manche von euch haben nur davon gehört, dass das in der Steinzeit mal existiert hat. In dieser Hinsicht bin ich Steinzeitmensch. Aber ich habe irgendwo gemerkt, ich habe da irgendwo so ein Feeling dafür bekommen, da hatte ich auch irgendwo Fähigkeiten gehabt. Aber das war eben so, immer wieder kann man auch Herausforderungen suchen, um dort Fähigkeiten zu entwickeln und Situationen kommen, die einen auch dazu bringen. Gut, und dann kommt aber auch inmitten von all dieser netten Harmonie, wo man harmonischer mit sich lebt und alle Anteile würdigt und mit ihnen harmonisch umgeht und wie man schaut, welche Fähigkeiten man entwickelt. Es gibt dann aber auch etwas, wo man auch an sich arbeitet, wo man auch irgendwo sagt: „Ja, es gibt ethische Prinzipien, die will ich umsetzen. Und daran halte ich mich, ob es mir passt oder nicht.“ Und es gibt Sachen, so gut es ist, oft Chancen aufzugreifen, manches ist auch Versuchung. Und manches ist Prüfung.

– Fortsetzung folgt –

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Innere Minikonferenz

abc45Wenn man in sich selbst Aggression entdeckt, muss man es nicht verurteilen, man kann sehen, da ist jemand, der – vielleicht ist es Justizminister, vielleicht ist es jemand, der was angehen will, vielleicht ist dort irgendwo eine Fähigkeit, etwas intensiv zu bewirken, und dann muss man den mit anderen Ministern in Kontakt bringen, dann macht man eine Ministerkonferenz und nachher schaut man, wie man umgeht. Es klappt in den meisten Fällen tatsächlich so einfach, wie ich es jetzt hier gerade beschreibe. Es ist, das wertschätzen, anerkennen,  zuhören, andere Minister oder andere Anteile oder Mitarbeiter auch zu Wort kommen lassen und dann entscheiden. Und die Entscheidung kann vernünftig sein, sie kann aus der Intuition, aus dem Gespür kommen, so wie man sie alle hat reden lassen. Bei all dem – ich sagte, es klappt in den meisten Fällen, es klappt auch in den meisten Fällen relativ einfach. Wenn ich sage, in den meisten Fällen, heißt das, nicht in allen Fällen. Und irgendwann, wenn man es eine Weile gelernt hat, so zu arbeiten mit sich, irgendwann befriedigt einen das auch nicht. Das kann es auch nicht gewesen sein. Letztlich, so ein harmonisches Leben, langfristig ist auch langweilig. Da gibt es dann in einem den Minister für Expansion oder man kann sagen, die Seele will etwas mehr. Also, man könnte dann sagen, Fähigkeiten entwickeln. Wir entwickeln die Fähigkeiten. Dann schaut man, irgendwelche geistigen Fähigkeiten können wir ja entwickeln. Was Neues lernen oder wir lernen noch mehr das Hineinversetzen in andere. Oder wir lassen diesen Durchsetzer mal sich ein bisschen mehr entwickeln. Hat man sich vielleicht bisher alles gefallen lassen und hat bisher immer „ja“ gesagt, wenn jeder Kollege was gesagt hat. Das reine Hören, Anhören reicht nicht aus, jetzt müssen wir uns mal um uns selbst kümmern oder das tun, was wir merken, was richtig ist. Nicht immer nur der Verstehbär sein, sondern da gibt es jemanden, der da ist, der etwas mehr machen will und der muss entwickelt werden und dazu muss man dann auch aus der Komfortzone herausgehen. Einige von euch sind werdende Yogalehrer und die meisten, die eine Yogalehrerausbildung anfangen, machen sie mehr für sich, um an sich selbst zu arbeiten und Yoga ist eine tolle Sache. Wie ihr hoffentlich an meiner Begeisterung merkt, dass ich da sehr davon überzeugt bin. Und ich nehme an, ihr seid auch davon überzeugt. Also etwas, was wir intensiv machen können. Aber dann irgendwann fangen dann die Vorstellstunden an, manche bibbern dann und haben irgendwo Lampenfieber. Amrita ist eigentlich so eine freundliche Frau und jetzt hat man plötzlich Angst vor ihr, weil sie… Man fühlt sich plötzlich wieder zurückversetzt, zehn bis dreißig Jahre vorher, je nach eigenem Alter. Obgleich Amrita vermutlich nichts macht, was irgendwo… Gut, und dann muss man dann auch durch. Gut, aber dann später, vielleicht stellt ihr fest, es macht euch Spaß zu unterrichten. Die meisten stellen das fest. Die meisten fangen dann an, auch tatsächlich zu unterrichten, auch die, die vorher nicht unterrichten wollten. Und dann unterrichtet man erst kleine Gruppen. Und dann wird man vielleicht irgendwann mal gefragt: „Könntest du nicht mal eine größere Gruppe unterrichten?“ Und dann gibt es vielleicht so ein Stadtteilfest oder so was. Ich habe schon in den verrücktesten Situationen Yoga unterrichtet. Auch in Bad Meinberger Kurpark vor 700 Leuten, wo Bürgermeister und Landrat und alle mitgemacht haben. Allerdings schon eine modifizierte Sache, also Stehyoga und Entspannungsyoga und Sitzyoga. Da gilt es dann auch, über sich selbst hinauszuwachsen und Fähigkeiten zu entwickeln.

– Fortsetzung folgt –

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Der innere Schweinehund

schweinchenEs gibt einen nächsten inneren Antreiber, das ist der innere Schweinehund. Interessanter deutscher Ausdruck. Diesen Ausdruck gibt es in keiner anderen Sprache. Ähnlich wie es im Deutschen auch einen Ausdruck gibt, Gemütlichkeit, den gibt es auch in keiner anderen Sprache. Und übrigens, die beiden hängen miteinander zusammen. Beide sind Ausdruck des Kapha-Prinzips im Ayurveda. Kapha ist eben Erde und Wasser. Und es ist notwendig, dass wir einen inneren Schweinehund haben. Vielleicht nennt man des besser anders. Man könnte ihn ja nennen auch Eigenfürsorge. Oder man könnte ihn auch nennen, der Gemütliche, Minister für Gemütlichkeit. Angenommen, man hätte den nicht, dann würde man sich ständig überfordern. Dann stellt man fest: „Ah, besser 05:30 Uhr aufstehen als 06:30 Uhr, dann hat man mehr Zeit.“ Dann stellt man fest: „Ja, noch besser ist, 04:30 aufstehen, dann hat man noch mehr Zeit. Noch besser ist, 03:30 Uhr. Noch besser, gar nicht ins Bett gehen.“ Und irgendwann kollabiert man. Da ist es gut, dass man den Minister für Gemütlichkeit hat, den inneren Schweinehund, wenn man ihn so nennen will, oder wie auch immer man ihn nennen will. Der sagt: „Ah, Bett ist so schön. Ich schlafe noch ein Stündchen.“ Wenn jetzt dieser Minister für Gemütlichkeit der Diktator wird, dann gibt es ein Problem, dann kriegt man nichts geschafft. Wenn man aber anerkennt: „Ah, es ist toll, dass ich so jemanden habe und insbesondere, es ist toll, dass ich den habe und ich habe gleich noch den inneren Antreiber dabei und ich habe noch den Justizminister und ich habe noch den Minister für äußere Fürsorge und ich habe noch den Wirtschaftlichkeitsminister. Toll, dass ich all die habe! Und ich bin jetzt der König und ich kann die auch alle fragen und die können sich ja auch miteinander unterhalten.“ Das kann man durchaus sagen: „Ok, Justizminister, was hast du zu sagen? Ok, äußere Fürsorge – also im Sinne, Fürsorge mit anderen – was hast du zu sagen? Dann, innere Fürsorge, ich muss mich auch um mich kümmern, was sagst du dazu?“ Und danach sprechen die alle miteinander und dann kann man schauen, was man macht. Das ist eine einfache Weise, den inneren Kampf zu beenden. Das ist gar nicht so schwer. Wenn euch dieses Modell bisher noch nicht so bekannt ist, kann ich euch nur raten, probiert es mal aus. Probiert es beim nächsten Mal aus, wo ihr irgendwo einen Konflikt dort habt. Im Grunde genommen ist da diese Aussage: Alles, was im Menschen ist, ist irgendwo göttlichen Ursprungs. Es gibt nichts, was nicht göttlichen Ursprungs ist. In der Auswirkung kann es manchmal grässlich sein. Auch Aggression. Aggression, ist das erst mal per se schlecht? Vom Astrologischen her, Mars-Prinzip, etwas angehen. Lateinisch heißt es „angehen“. Es heißt auch, sich durchsetzen, etwas umsetzen usw. Vielleicht auch in früheren Zeiten auch wichtig, um sich zur Wehr zu setzen gegen andere, die einen vielleicht fressen wollten. Oder vielleicht auch zu Zeiten, als man selbst irgendwas fressen musste. Glücklicherweise sind wir in einer Situation, dass wir sehr gut leben können, ohne irgendjemanden umzubringen. Unter „jemand“ verstehe ich auch Tiere. Wir können sehr gut pflanzlich leben, das war nicht immer so, das war auch in diesen Breiten in der Steinzeit nicht so. Heute geht es. Und man braucht mal irgendwo diese Fähigkeit, aggressiv zu sein. Also, es ist erst mal auch nichts Schlechtes. Nur natürlich, eine Aggression, die außer Kontrolle gerät, grässlichste Dinge. Vor siebzig Jahren, was Deutsche dort alles gemacht haben, grässlichste Sachen. Und was heute passiert und manchmal muss man gar nicht so weit weggehen, es kann sein, dass irgendwo im Nachbarhaus gerade irgendjemand schlimm zu seiner Frau, seinen Kindern  ist oder irgendjemanden ausraubt und der hochaggressiv ist. Also, all das ist schlimm.

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Innere Antreiber

krishna36Andere brauchen ihr Handy sehr viel mehr und um unterscheiden zu können: „Ist das jetzt mein Kind oder muss ich sofort drangehen, ist  vielleicht ein Notruf. Oder ist es der Partner, den will ich gerne sprechen. Oder ist es der Chef, den muss ich sprechen. Oder ist es irgendjemand anderes. Oder ist es die Mutter, die soll nicht zu häufig anrufen, das reicht einmal am Tag oder einmal alle zwei oder drei Tage.“ Nur wenn es dreimal hintereinander kommt, dann muss man doch drangehen. Also, unterschiedliche Klingelmelodien. So ähnlich haben die inneren Minister in einem unterschiedliche Klingelmelodien. Und oft der Justizminister, der hat die Ärger-Klingelmelodie. Daran könnt ihr den erkennen. Es ist nicht bei jedem gleich, man kann sagen, jedes Königreich ist ein bisschen anders, aber das ist so einer. Dann gibt es vielleicht noch als nächstes den Sozialminister oder Sozialministerin oder Ministerin für Fürsorge. Denn es meldet sich in euch ja nicht nur der Justizminister, sondern gleichzeitig meldet sich: „Ja, er oder sie hat ja Recht und eigentlich müsste ich ja… Aber es geht ihr oder ihm ja schlecht und ich müsste mich mehr um ihn oder sie kümmern.“ Und dann ist der Justizminister da. Wie würdet ihr ihn oder sie mehr bezeichnen, Fürsorgeminister oder Sozialministerin? Die irgendwie sagt: „Ich will ihm oder ihr ja helfen und er oder sie leidet ja.“

Helfersyndrom.“ Man muss nicht gleich ein Syndrom daraus machen, wir sind jetzt erst mal bei „harmonischer leben“ und das erreichen wir nicht, indem wir… Wir können uns verurteilen über das Helfersyndrom oder wir können es wertschätzend anerkennen und sagen: „Ich habe einen starken fürsorglichen Minister hier. Der darf mich nicht dominieren, aber ist nett, dass er da ist.“ Und dann ist da noch zusätzlich Justizminister, vielleicht gibt es noch den Wirtschaftsminister, der irgendwie abwägt: „Unter den vielen Dingen, die ich zu tun habe, was wäre jetzt das Richtige?“ Und so habt ihr dann mehrere Minister. Und das Schöne von diesem Modell ist, von einem Moment auf den anderen seid ihr harmonischer mit euch selbst. Ihr braucht erst mal nicht an euch zu arbeiten, ihr braucht euch auch nicht irgendwo niederzumachen, im Sinne von: „Ich bin ein furchtbarer Choleriker. Ich sollte nicht ärgerlich sein. Swami Sivananda schreibt, Ärger ist nicht gut. Krishna schreibt, Gier, Ärger und – ich habe vergessen – es gibt noch ein drittes, sind die Tore zur Hölle, also zur geistigen Hölle.“ Wir können all diese Sachen eigentlich einfach vermeiden, indem wir einfach schauen: „Bei dem, was in mir drin ist, welche anerkennenswerten, wertvollen, liebenswerten Fähigkeiten sind da?“ Ob ihr die als Fähigkeit bezeichnet oder als Minister bezeichnet oder als Mitarbeiter oder Anteile in euch, erst mal davon ausgehen, alles ist irgendwo sinnvoll. Dann gibt es vielleicht den inneren Antreiber, der sagt: „Du bist kein guter Ehemann, du bist keine gut Ehefrau. Du bist nicht gut genug als Mutter. Du musst deine Arbeit besser erledigen. Du bist nicht gut genug.“ Ist das schlimm, wenn so jemand da ist? Ich behaupte, nicht schlimm. Es ist gut, dass so jemand da ist. So entwickelt man sich. Man kann sagen, das ist der innere Entwicklungshelfer oder Entwicklungsminister. Man könnte ihn auch nennen, es ist der innere Antreiber, der ist auch notwendig. Es ist wichtig, dass in einem Team irgendjemand da ist, der sagt: „Strengt euch mehr an!“ Jeder Chef ist dankbar, wenn er das nicht selbst machen muss, dass da irgendjemand sonst noch dabei ist, der das sagt oder der irgendwo zielorientiert dort ist. Nur, der darf nicht der Diktator werden. Wenn der innere Antreiber der König wird, ist das Leben ausgesprochen unangenehm, für sich selbst und auch für die Mitmenschen.

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Alles ist für etwas gut

5Es gibt Leute, die stolpern über die Verwirklichung. Ramana Maharshi war so ein Beispiel. Mit sechzehn hat er plötzlich gedacht, er stirbt, hat Todesangst bekommen, hat sich hingelegt, hat plötzlich gemerkt, er spürt seine Füße, Waden, Oberschenkel nicht  mehr und seine Hände, Arme, seinen Körper nicht mehr. Da hat er plötzlich gemerkt, Körper ist tot. Und dann hat er irgendwo gedacht: „Aber ich denke ja noch.“ Und irgendwie ist er auf die Idee gekommen: „Wenn schon sterben, dann richtig.“ Dann hat er sich bemüht, seine Gedanken zum Stillstand zu bringen. Das ist ihm gelungen, er hat Samadhi erreicht. Das alles als Sechzehnjähriger, mehr oder weniger zufällig. Aber es war noch nicht Nirvikalpa Samadhi vermutlich. Danach ist er dann irgendwie von Zuhause weggerannt und hat dann noch Jahre in irgendwelchen Tempeln und Höhlen meditiert, bis ihn irgendwelche Menschen gefunden haben, dann einen Ashram um ihn herumgebaut haben. Und dann hat er sie immer gebeten, zu fragen: „Wer bin ich?“ Und über diese Frage sich zu lösen von Verhaftungen. Also, das gibt es auch, aber es ist eher selten. Gut, harmonischer leben mit sich selbst. Was könnte das heißen? Zunächst mal hilft dieses Bild vom Raja, ein König. Ein König mit Ministern. Und nehmen wir an, es ist ein guter König, und nehmen wir an, es sind gute Minister. Alle Minister meinen es gut. Nur, wenn der König schwach ist, was passiert dann? Die Minister streiten sich miteinander. Es gibt lauter Konflikte. Und dann schimpft der eine über den anderen und dann gibt es Probleme. Wenn wir aber uns selbst als König etablieren und davon ausgehen, alles, was in uns drin ist, sind eigentlich gute Fähigkeiten. Jeder meint es gut. Eine andere Möglichkeit wäre auch, wir würden uns sagen, wir sind wie eine Führungsperson mit einem Mitarbeiterteam, das unkündbar ist und noch nicht mal freisetzbar ist, verbeamtet, und die es alle gut meinen, aber manchmal sehr ungeschickt sich dort anstellen. Dann kann man z.B. feststellen, man hat dort irgendwo den Justizminister. Kennt ihr den Justizminister in euch? Dem geht es um Gerechtigkeit: „Das ist ungerecht. Ich werde dort nicht richtig behandelt.“ Oder: „Mein Partner oder Partnerin, erst veranlasst er mich, das und das zu machen, und nachher schimpft er mich deshalb. Ungerecht.“ Justizminister. Oder: „Erst ist Partnerin so leichtsinnig und anschließend passiert genau das, wovor man sie gewarnt hat, und nachher muss man sich um sie kümmern und dann beschwert sie sich, dass man nicht ausreichend liebevoll mit ihr umgeht.“ Oder, die Mehrheit sind Frauen, ich müsste das also irgendwo anders gebrauchen. „Erst sage ich dem Mann, er soll sich ein bisschen schonen, sich nicht so überlasten, und dann überlastet er sich und anschließend tatsächlich  wird er krank, hat einen Unfall – oder irgendwo – jetzt kann er gar nichts mehr, und jetzt muss ich mich um ihn kümmern und jetzt ist ihm das nicht ausreichend. Und jetzt sagt er, ich kümmere mich nicht ausreichend um ihn, weil ich jetzt noch dazu anderes machen muss.“ Meldet sich der Justizminister, der ist sauer. Aber er ist nicht wirklich sauer, sondern Sauer heißt nicht, dass ihr sauer seid, es heißt nicht, „ich bin ärgerlich“, sondern Ärger heißt in diesem Fall, Justizminister meldet sich. Also, ihr braucht nicht mehr sagen, „wie schlimm, dass ich mich ärgere“, sondern einfach, „ah“. Das ist wie, manche von euch haben ja auch ein Handy und die Handys heutzutage haben die Möglichkeit, dass je nachdem, wer anruft, ein unterschiedlicher Klingelton da ist. Ich habe das zwar selbst noch nicht ausprobiert, ich bin auch keiner, der gerne zu sehr ans Handy geht. Das ist so ein Grundsatz, wen ich nicht kenne, da wird das Handy nicht beantwortet. Und meistens ist es auf stumm geschaltet, wer mich sprechen will, der macht das dann auf Anrufbeantworter.

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Königsweg der Gelassenheit

ganesha3Harmonie, harmonischer leben, dieses in einer anderen Warte jetzt auch nochmal. Wir haben ja auch Emotionen und wir haben verschiedene Fähigkeiten, geistige Fähigkeiten. Und die sind oft im Konflikt miteinander. Und es ist ja hier Thema auch Raja Yoga und bisher habe ich ein bisschen mehr über Hatha Yoga gesprochen, was ja auch Teil des Raja Yoga Systems ist. Aber wenn wir an unserem Geist arbeiten, auch hier gibt es verschiedene Schritte. Also, wir haben verschiedene geistige Fähigkeiten und da gilt es auch, in Harmonie damit zu leben. Und da ist das Bild des Königs eine gute Weise. In Harmonie heißt, dass ihr euch weniger aufregt. Ich schreibe ja auch irgendwo an einem neuen Buch, das nennt sich „Der Königsweg zur Gelassenheit“, das soll irgendwann nächstes Jahr im Herbst erscheinen. Und ich gebe ja auch einige Seminare und Workshops dazu. Und da gehört eben auch dazu, wie geht man mit seinem eigenen cholerischen und ärgerlichen Temperament um? Wie geht man mit seinen Ängsten um? Und wie geht man mit Neid und Eifersucht und Depressionen usw. um? Und den Versagensängsten, die man hat, den inneren Antreibern usw. Gehört hier alles zum Menschen dazu. Jetzt die Vorstellung, dass man nur ein bisschen Yoga übt, ein bisschen meditiert und prompt geht alles gut, ist falsch oder mindestens vorübergehend falsch. Sagen wir mal so, es gibt Menschen, die kommen, wenn sie Yoga üben, relativ zügig in so genannte spirituelle Flitterwochen. Und es gibt Menschen, die gehen dann einige Wochen oder Monate auf Wolke sieben, nichts regt sie mehr auf, sie sind voller Liebe und Glücksgefühl, könnten jeden Menschen umarmen und irgendwo denken sie, sie haben die Lösung aller Probleme, sie brauchen nur Yoga üben und alles läuft toll. Ich weiß nicht, ob jemand von euch diese Phase hatte oder gerade in einer solchen Phase ist. Wenn ihr sie hattet oder drin seid, freut euch darüber. Es gibt aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Phase nicht sehr lange dauert, mindestens im Verhältnis zu den Jahrzehnten, die ein typisches Menschenleben doch dauert. Und wer diese Phase nicht hatte, obgleich er jetzt schon Jahrzehnte Yoga übt, soll sich auch freuen, dann ist euch diese Enttäuschung erspart geblieben, wenn ihr dann irgendwo landet und irgendwo denkt: „Was habe ich falsch gemacht? Was ist schiefgelaufen? Ist mein Yoga falsch? Ist mein Lehrer falsch? Ist meine Praxis falsch? Bin ich falsch? Warum habe ich dieses tolle Gefühl verloren?“ Es ist einfach, es kommt bei manchen Menschen, nicht bei allen und noch nicht mal bei einer Mehrheit, mal vorübergehend als diese wunderschöne Erfahrung. Und es gibt manche, bei denen reicht diese Erfahrung aus, sie soweit zu transformieren, dass sie dauerhaft harmonischer sind. Also, wenn ihr drin seid, es muss jetzt nicht so sein, dass ihr wieder nachher in dem alten Schlamassel drin steckt. Eine dauerhafte Transformation kann auch stattfinden, muss nicht stattfinden, es sei denn, ihr seid zufällig über die Selbstverwirklichung gestolpert, was es auch gibt, werdet ihr nachher doch noch etwas anderes machen müssen.

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Große Yoga Meister

swami s27Man kann jetzt auch nicht sagen, sie entscheiden das jetzt so, „ja, ich will jetzt gerade mal …“, sondern sie merken, ihr Karma geht zu Ende. Und dann können sie vielleicht noch sagen: „Ja, ich will noch ein bisschen mehr Karma aus einem etwaigen nächsten Leben hier reinbringen.“ Oder sie können sagen: „Ich will das Karma schneller abarbeiten.“ In diesem Sinne, sie bestimmen es, aber jetzt nicht ganz willkürlich. Das Karma bleibt dort berücksichtigt. Also, egal, was wir mit dem Körper anstellen, irgendwann geht er zu Ende. Und manche von euch, die vielleicht vor zwanzig Jahren mit Yoga angefangen haben und intensiv geübt haben und jetzt vielleicht in den Vierzigern oder Fünfzigern sind, werden durchaus feststellen, dass wahrscheinlich doch nicht das Gleiche geht wie vor fünfzehn Jahren. Die ersten fünf Jahre macht man Fortschritte, wenn man intensiv übt, dann hält man noch fünf bis zehn Jahre die gleiche Flexibilität, wenn man weiter intensiv übt, und danach, wenn man weiter genauso intensiv übt, wird man langsam feststellen, geht auch nicht mehr so viel. Und der Körper wird auch irgendwann die ein oder anderen Wehwehchen entwickeln. Und manchmal auch nicht nur Wehwehchen, sondern auch etwas anderes. Gut, und so gilt es letztlich, irgendwann den Körper zu verlassen.“ Also, ich meine jetzt aber nicht, dass wir jetzt gleich sterben müssen dafür, sondern den Körper zu transzendieren, im Bewusstsein: „Ich bin nicht der Körper.“ Es gibt ja auch Yogarichtungen, die manchmal sagen, das Hatha Yoga ist nicht so gut, weil, man beschäftigt sich zu sehr mit seinem Körper. Da sage ich gerne, wenn man jung ist, klingt das gut, wenn man älter wird, wird es umgekehrt. Die Nicht-Hatha-Yogis kümmern sich im Alter sehr viel mehr um ihren Körper als die Hatha-Yogis. Dann ist man gezwungen dazu. Und noch dazu kommt aber auch, Hatha Yoga ist eben nicht nur ausgerichtet, harmonischer mit dem Körper zu sein, nicht nur ausgerichtet, seine Fähigkeiten zu entwickeln und zu reinigen und damit letztlich auch zu einem fähigen Instrument zu werden von mehr Prana, das in die Welt kommt, sondern Hatha Yoga Übungen sind natürlich auch darauf ausgerichtet, dass wir Körperbewusstsein auch verlieren. Und das passiert ja auch manchmal in der Tiefenentspannung. Ich habe sogar Teilnehmer gehabt, denen ist es in der allerersten Stunde passiert, dass sie in der Tiefenentspannung ihren Körper nicht mehr gespürt hatten und plötzlich so ein ozeanisches Glücksgefühl und Verbundenheitsgefühl hatten. Das dauerte eine gewisse Weile, bis sie plötzlich Angst gekriegt haben, im Sinne von: „Wer bin ich? Wo bin ich? Was passiert? Werde ich verrückt usw.?“ Da hat man diese tolle Erfahrung und nur weil es in die bisherige Weltanschauung nicht hineinpasst, ist dann erst mal problematisch, aber wenn man das Glück hat, sprechen die Leute dann mit einem, dann braucht es ja nur ein paar Sätze und dann sind die Menschen auch wieder beruhigt, denn sie beruhigen sich über das, was ich als eher unangenehme Nachricht sage, es ist jetzt nur vorübergehend, man kommt schnell genug von selbst wieder zurück und es wird nicht so leicht sein, diese Erfahrung regelmäßig zu wiederholen. Ich empfinde das eher als bedauerlich, aber es beruhig die Menschen ungemein. Und es wird im Gegenteil ihnen auch Energie geben für den Alltag und nicht die Menschen alltagsunfähig machen.

– Fortsetzung folgt –

Dies ist die 9. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines Workshops von Sukadev Bretz in der Yoga Vidya Yogaschule Augsburg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke schaue nach im Yoga Wiki. Hier ein paar weitere Links:

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