Übers Leiden auf den spirituellen Weg

Ich hatte ein bisschen darüber gesprochen, wie es sich evolutionsmäßig entwickelt, wenn erst Karma der wichtigste Wunsch war, wie es dann zu Artha kommt und von Artha zu Dharma. Wie kommt es von Dharma dazu, dass Moksha stärker wird? Auch hier gibt es unter anderem zwei Dinge, die ich herausgreifen will. Je mehr man versucht anderen Menschen zu helfen, um so mehr stellt man fest, wie groß das Leiden in der Welt ist und um so mehr stellt man fest, wie wenig man letztlich ausrichten kann. Ich glaube, viele von euch stimmen mir hier zu. Das ist eine schwere Erkenntnis gerade für diejenigen, die sich besonders darum bemühen. Vielleicht ist es auch ein Grund für Burn-out irgendwann, dass man sich fragt, macht das Ganze noch einen Sinn? Dann kommt die Frage, gibt es einen Sinn im Leiden der Welt oder ist die Welt einfach nur sinnlos?

Ihr erinnert euch, ich habe in meinem letzten Vortrag über Rama gesprochen der diesen Aspekt hatte. Er wollte König werden, das Königreich regieren, um viele seiner Untertanen glücklich zu machen. Er wollte nicht wirklich das Königreich regieren um groß zu sein, Macht zu haben, Ansehen … Er wollte das Königreich gut regieren. Dann hat er festgestellt, wie groß das Leiden ist. Und er hat auch festgestellt, egal was er anstellt, es wird nicht so viel verändern können. Er wird etwas verändern können, aber nicht das Grundleiden. So kam er über dieses Sehen von Leiden auf die Frage, was soll das Ganze.

Wenn wir soweit sind, dann sind wir bereit für einen spirituellen Weg und wenn wir anderen helfen und wissen, auch Leiden hat einen Sinn und es hängt nicht an mir alleine sondern es gibt eine höhere Kraft und ich bin ein Instrument dieser Kraft, so können wir dann weiter für andere da sein.

Der weitere Aspekt, wenn wir versuchen dieser humanistischen Selbstverwirklichung nachzugehen ist herausfinden, was sind meine Talente, wer bin ich wirklich im psychologischen Sinne und … wie kann ich mich selbst entfalten? Was wird man feststellen? … nichts? Irgendwie wird man feststellen, je tiefer man in sich selbst hineindringt, man wird immer noch tiefere Schichten finden. Bei dem, was man zuerst als wichtigen Teil erachtet hat, stellt man fest, es ist durch Reiz konditioniertes. Das nächste sind Instinkte. Das nächste ist vielleicht etwas sublimiertes. Man hat bekommt etwas angelernt und stellt fest: Dinge können sich verändern, aber es gibt etwas Tieferes. Dann kommt die tiefere Frage: Wer bin ich denn wirklich? Nicht einfach nur im Sinne von Persönlichkeit, als Person. Man stellt fest, in mir ist etwas, was mehr ist als nur Persona. Persona ist ja Lateinisch und heißt: Maske. Das ist das, was im alten Griechenland und römischen Theater die Schauspieler anhatten. Sie hatten eine Maske an (Latein: personare: hindurchtönen.) und durch die haben sie gesprochen. Im Grunde genommen sind letztlich alle unsere Persönlichkeitsteile Masken durch welche unsere Seele sich ausdrückt. Maske ist jetzt nicht negativ zu verstehen. Oft denkt man ja, der Mensch hat eine Maske. Man will dem die Maske vom Gesicht wegnehmen. Gut, dann sieht man das Gesicht, aber das Gesicht ist auch nichts anderes als eine Maske. Was wäre das richtige Gesicht? Wenn wir morgens aufwachen und vielleicht einige der Frauen noch nicht ihre Schönheitsdekoration aufgetragen haben? Ist das das wahre Gesicht? Oder das, nachdem man seine ästhetischen Fähigkeiten und die Mittel der modernen Technik benutzt hat? Was sollte dann wirklicher sein? Angenommen, man hat einen Unfall. Ist das jetzt das wirkliche Gesicht? Das sind alles Masken durch die wir uns ausdrücken, durch die wir erfahren, durch die wir natürlich auch wichtige und wertvoller Erfahrungen machen. Aber es ist nicht das eigentliche Ich. Dann kommt die Frage, wer bin ich wirklich?

Wenn diese Fragen wichtig werden, wichtiger als anderes, sind wir dauerhaft auf Subecha. Eigentlich habe ich jetzt schon drei Sachen genannt, was auf Subecha charakteristisch ist, habe ich nun doch lieber in Sanskrit genannt. Vairagya, Viveka, Mumukshutwa. Dann kommt noch eins dazu: Shatsampat.

– Fortsetzung folgt –

Dieser Yoga und Meditation Blog-Eintrag entstammt den unbearbeiteten Niederschriften aus einem Yoga Seminar zum Thema „Der Spirituelle Weg„. Dieses Seminar fand statt bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Es wurde angeleitet von Sukadev Bretz. Dieses Seminar war auch Teil einer Yogalehrer Ausbildung. Viele Vorträge von Sukadev kannst du auch als Yoga und Meditation Video anhören – und anschauen

Zum Thema Depression findest du auch etwas auf den Seiten des Yoga Psychologie Portals unter dem Stichwort Depression.

Inkarnation Gottes, aber er wusste es nicht

Swami Sivananda hat ein Buch geschrieben: ‚Stories from the Yoga Vasistha‘. Daraus kann man ersehen, die Yoga-Vasistha ist aufgebaut mit vielen verschiedenen Geschichten, denn, der Rama war eigentlich ein praktischer Mensch. Er war kein philosophischer Mensch. Er war erzogen worden, ein Königreich zu regieren und das ist keine intellektuelle Tätigkeit. So hat Vasistha ihm das in vielen verschiedenen Geschichten erzählt. Diese Geschichten sollten immer wieder zeigen, die äußere Welt, so wie wir sie sehen, ist letztlich eine Illusion, ein Traum in unserem Geist. Es gehört zwar zur Aufgabe dazu innerhalb dieser Illusion und innerhalb dieses Traumes zu leben und dort alles zu tun aber mit einer etwas leichteren Einstellung. Dadurch kommen wir dann zu den höheren Stufen der Evolution.

Die letzte Frage von Vasishtha ist: „Rama, hat du alles erkannt? Hast du alles verstanden?“ und Rama sagt: “ Ja Meister, durch deine Gnade habe ich alles verstanden.“ Antwortet Vasistha: „Nichts hast du verstanden, denn nichts existiert und nichts ist passiert. Es gibt weder diese Königshalle, noch dich, noch mich, noch deinen Vater, noch deine Mutter, noch irgendjemanden, der hier zugehört hat. Im Grunde genommen gab es niemanden, der etwas gelehrt hat, niemanden, der etwas gehört hat. Es gab nur Brahman, das eine, unendliche Absolute.“

Damit ist die Yoga-Vasishtha zu Ende, wer von euch die Ramayana kennt, weiß, es geht danach noch weiter. Rama gilt ja auch als Inkarnation Gottes. Allerdings wusste er das gar nicht. Der Rama handelte so wie ein idealer Aspirant. Es ist dann doch nicht so gelaufen, wie der Dasharatha sich das vorgestellt hatte, Rama sollte auf den Thron. Jetzt hatte er doch wieder den Enthusiasmus, er wusste, das normale Leben hat einen Sinn. Er hatte ja auch eine wunderbare Frau namens Sita und er freute sich, das Königreich zu regieren und das ganze als spirituelle Praxis anzusehen und dann kamen doch die Dinge etwas anders. Rama ging für einige Jahre ins Exil. Es gab einige Unruhen im Königreich. Das ist eine lange Geschichte, aber … irgendwann kehrte er auch wieder zurück und dann kam etwas, was man als Ramaraja bezeichnet. Die Regierung von Rama, mit der alle im Königreich glücklich und zufrieden waren.

Vor Subecha sind noch andere Stufen der spirituellen Evolution. Viele von euch wissen, Yogis gehen davon aus, dass die spirituelle Evolution nicht erst beim Menschen beginnt. Heutzutage, wo die Darwinsche Evolutionstheorie weit verbreitet ist, kann man das nachvollziehen. Vom Mineral geht es zu den Pflanzen, von den Pflanzen zu den Tieren, von den einfacheren zu den komplexeren Tieren und dann geht es irgendwann zu den Primaten. Von den Affen geht es zum Menschen und der Mensch entwickelt sich dann auch wieder weiter. Allerdings, beim Menschen geht es nicht mehr um die genetische Evolution sondern, die Kulturwissenschaftler würden sagen, die kulturelle, die soziale und geistige Evolution. Yogis würden sagen, es gibt spirituelle Evolutionen, um sich weiter zu entwickeln.

– Fortsetzung folgt –